Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, Dr. Diether Bischoff, vollendet heute an seinem neuen Wohnsitz in Bonn sein 75. Lebensjahr.

Dr. Diether Bischoff wurde 1922 in Hamburg geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bielefeld und Duisburg wurde er 1939 Soldat. Aus dem Krieg zurückgekehrt, arbeitete er zunächst als Landarbeiter in Lippe, studierte anschießend in Hamburg und Köln Rechts- und Sozialwissenschaften und bestand 1953, nachdem er in Köln mit einer Dissertation über das Thema "Wesen und Aufgabe des Staates bei Marx, Lenin und Stalin" zum Dr. jur. promoviert worden war, die zweite juristische Staatsprüfung.

Seinen Berufsweg, der ihn 1969 zum höchsten Richteramt in Nordrhein-Westfalen führen sollte, begann Diether Bischoff 1953 als Gerichtsassessor beim Landgericht Düsseldorf. Von dort führte ihn seine Laufbahn über die Bearbeitung von Justizverwaltungssachen beim Oberlandesgericht Düsseldorf alsbald in die nordrhein-westfälische Ministerialverwaltung, in der er von 1956 bis 1963 als Referent beim Minister für Bundesangelegenheiten tätig war. 1963 wurde er von der Landesregierung zum Mitglied des Landesrechnungshofs ernannt; hier oblag ihm für drei Jahre die Leitung der Prüfungsgebiete Justiz und Innere Verwaltung. Bereits 1966 kehrte er als Ministerialdirigent und Vertreter des Ministers in das von Minister Dr. Kassmann und - seit 1968 - von Minister Dr. Posser geführte Ministerium für Bundesangelegenheiten zurück. 1969 berief ihn die Landesregierung zum Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster - zwei Ämter, die er 18 Jahre lang, bis zu seinem 1987 erfolgten Eintritt in den Ruhestand, innehatte.

In diesen 18 Jahren hatte sich der Verfassungsgerichtshof unter dem Vorsitz Dr. Bischoffs unter anderem - um nur die Schwerpunkte zu nennen - in über 130 Verfahren mit den Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Kreisen gegen die kommunale Neugliederung, gegen die Zuordnung zu kommunalen Datenverarbeitungszentralen, gegen die Sparkassenneugliederung und gegen die Aufstockung II im Rahmen der Gemeindefinanzierung zu befassen. Neben einer Reihe von Wahlprüfungsverfahren waren es vor allem politisch bedeutsame Normenkontrollverfahren, wie z.B. zur Integration der Pädagogischen Hochschulen, zur Ersatzschulfinanzierung sowie zur Einführung der Gemeinschaftsschule und später der Gesamtschule als Regelschule, die vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden waren.

Nicht weniger umfangreich waren die Aufgaben, die Dr. Bischoff als Präsident des Oberverwaltungsgerichts zu erfüllen hatte. Hier widmete er sich nicht nur der Leitung des 5. Senats, zu dessen Geschäftsbereich insbesondere das Schul- und Hochschulrecht gehörten, sondern gleichermaßen den vielfältigen Aufgaben, die die Gerichtsverwaltung einschließlich der Aufsicht über die sieben Verwaltungsgericht des Landes mit sich brachte.

Der seine berufliche Laufbahn kennzeichnende mehrfache Wechsel des Wirkungskreises spiegelt die Freude und Aufgeschlossenheit wider, mit der sich Dr. Bischoff seinen Aufgaben und seiner Verantwortung in Beruf und Gesellschaft stellte. Seine politischen Aktivitäten, die er 1969 mit Rücksicht auf das ihm übertragene Verfassungsrichteramt unterbrach, begannen bereits 1947 mit dem Eintritt in den Sozialistischen Deutschen Studentenbund und führten ihn über die Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen (seit 1950) zum Eintritt in die SPD (1957), in der er auf verschiedenen Ebenen als Vorstandsmitglied und als Mitglied mehrerer Kommissionen beim Bundesvorstand wirkte. Diese Tätigkeiten sind ebenso wie seine vierzehnjährige Mitgliedschaft in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland Ausdruck der den Menschen Diether Bischoff prägenden, an den Leitgedanken der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ausgerichteten demokratischen Gesinnung und Lebenshaltung, die mit seinem in der familiären Tradition des Elternhauses wurzelnden sozialen Bewußtsein untrennbar verbunden sind und sein Handeln durchdringen.

Für ihn war es deshalb selbstverständlich, daß er sich mit dem durch den Eintritt in den Ruhestand gewonnenen Freiraum um so intensiver den drängenden sozialen Problemen der Zeit widmen würde. So stellte er sich zunächst der Universität Witten-Herdecke zur Verfügung und übernahm daneben alsbald ehrenamtliche Aufgaben in der Landesarbeitsgemeinschaft NW "Hilfe für Behinderte", deren Vorstand er seit 1987 ununterbrochen angehört, und die er von 1988 bis 1992 als Vorsitzender leitete. Mit dieser Tätigkeit verbunden ist die von ihm initiierte Gründung des nordrhein-westfälischen Landesbehindertenrates, dessen Vorsitz er nach wie vor innehat. Damit nicht genug: Ab Mitte 1990 stellte Diether Bischoff den größten Teil seiner Schaffenskraft für den Aufbau der Justiz in Brandenburg zur Verfügung, wo er nicht nur als erfahrener Berater des Justizministeriums, sondern auch als Vorsitzender der in den Bezirken Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus eingesetzten Richterwahlausschüsse wirkte und über die Übernahme der ehemaligen DDR-Richter zu entscheiden hatte