Der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat mit Beschluß vom 28. August 1997 entschieden, daß der Aachener Oberbürgermeister auf Antrag von 14 der CDU angehörenden Ratsmitgliedern einem von ihnen benannten Ratsmitglied Einsicht in die Akten gewähren muß, die die Erhebung von Vergnügungssteuer für das Spielkasino am Kaiserplatz in Aachen betreffen.

In den achtziger Jahren soll der Aachener Oberbürgermeister, damals Mitglied des Rates und Bürgermeister, als Rechtsanwalt für die damalige Betreiberin des Spielkasinos mit der Stadt Aachen eine Vereinbarung über die pauschale Abgeltung der Vergnügungssteuer geschlossen haben. Nachdem im September 1992 in der Presse berichtet worden war, daß der Stadt Aachen als Folge dieser pauschalierten Steuererhebung mehr als 333.000,-- DM Vergnügungssteuer entgangen seien, richtete die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Aachen eine Anfrage zu diesem Thema an die Stadtverwaltung. Diese lehnte die Beantwortung der Anfrage unter Hinweis auf die Pflicht, das Steuergeheimnis der Kasinobetreiberin zu wahren, ab. Später beantragten 14 der 59 Ratsmitglieder unter Berufung auf das in der Gemeindeordnung für eine Ratsminderheit von einem Fünftel der Ratsmitglieder vorgesehene Akteneinsichtsrecht, einem von ihnen benannten Ratsmitglied Einsicht in die Vergnügungssteuerakten zu gewähren. Auch diesen Antrag lehnte die Stadtverwaltung mit der Begründung ab, die Akteneinsicht in Steuerakten beeinträchtige das Recht auf Wahrung des Steuergeheimnisses, und dieses Recht habe Vorrang vor dem Kontrollrecht des Rates bzw. einer Ratsminderheit. Daraufhin machten die Ratsmitglieder ihr Akteneinsichtsrecht gerichtlich geltend. Das Verwaltungsgericht Aachen gab der Klage im Mai 1994 statt. Gegen dieses Urteil legte der Oberbürgermeister der Stadt Aachen Berufung ein, die das OVG nunmehr zurückgewiesen hat.

Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach der Gemeindeordnung müsse auf Verlangen eines Fünftels der Ratsmitglieder einem einzelnen, von den Antragstellern zu benennenden Ratsmitglied Akteneinsicht gewährt werden. Eine Verletzung des Steuergeheimnisses sei damit nicht verbunden, weil diese Akteneinsicht kein unbefugtes Offenbaren steuerlicher Verhältnisse darstelle. Der Rat einer Gemeinde sei Teil der Gemeindeverwaltung und berechtigt, die Verwaltung in allen gemeindlichen Angelegenheiten zu übernehmen und zu kontrollieren. Das gleiche Kontrollrecht wie der Rat habe auch die Ratsminderheit von mindestens einem Fünftel der Ratsmitglieder. Im übrigen bestehe für die Akteneinsicht ein zwingendes öffentliches Interesse, hinter dem der Schutz des Steuergeheimnisses zurückzutreten habe. Die Akteneinsicht diene u.a. dazu, dem in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf nachzugehen, die Stadt Aachen habe unter Mitwirkung ihres jetzigen Oberbürgermeisters in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt eine für sie nachteilige Vereinbarung über die pauschale Entrichtung von Vergnügungssteuer für ein Spielkasino getroffen.

Das OVG hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Az.: 15 A 3432/94