Der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat soeben der Beschwerde der Stadt Münster gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Münster stattgegeben, mit denen vorgestern drei Richter vorläufig von der Mitwirkung im Wahlvorstand für die Europawahl am kommenden Sonntag entbunden worden waren. In einem vierten Verfahren hat der 15. Senat die Entbindung des Richters wegen eines zusätzlichen persönlichen Hinderungsgrundes bestätigt.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: Die Übernahme eines Wahlehrenamtes sei eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht, die grundsätzlich alle Wahlberechtigten gleichermaßen treffe und die nur aus wichtigem Grund abgelehnt werden könne. Ob hier die Vorschrift des Deutschen Richtergesetzes, nach der ein Richter neben Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt nicht zugleich Aufgaben der gesetzgebenden oder der vollziehenden Gewalt wahrnehmen dürfe, eingreife, sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung ungeklärt und könne nur in einem Hauptsacheverfahren beantwortet werden. Ein unterstellter Verstoß gegen die genannte Vorschrift durch eine Teilnahme von Richtern in Wahlvorständen bei der Europawahl sei von geringerem Gewicht als das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung der Europawahl. Denn der Einsatz von Richtern als Mitglieder des Wahlvorstands bei Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen entspreche der ständigen Staatspraxis der vergangenen Jahre. Angesichts der ungeklärten Rechtslage sei es hinnehmbar, diese langjährige Praxis für die bevorstehende Europawahl fortzusetzen. Die Teilnahme von Richtern als Mitglieder des Wahlvorstands erscheine im übrigen auch im Hinblick auf die Möglichkeit zumutbar, die Frage der Vereinbarkeit von Wahlehrenamt und Richteramt im Anschluß an die Europawahl 1999 durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage klären zu lassen.

Az.: 15 B 1094/99 bis 15 B 1097/99