Die für den 13. April 2002 in Arnsberg geplante Neonazi-Demonstration darf nicht stattfinden. Dies hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) durch Beschluss vom heutigen Tage unter Aufhebung einer anders lautenden Entscheidung des VG Arnsberg entschieden und damit eine entsprechende Verbotsverfügung des Landrats als Kreispolizeibehörde Meschede bestätigt.

In seinem Beschluss führt der 5. Senat des OVG NRW u.a. aus:

"Es spricht bereits vieles dafür, dass es sich bei der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung um eine Tarnveranstaltung der "Sauerländer Aktionsfront" (SAF) und des "Sauerländer Bärensturms" (SB) handelt. Maßgeblich für diese Einschätzung sind u.a. folgende Umstände:

- die enge Einbindung von Frau Wegener, der Hauptaktivistin der SAF, bei der Organisation der in Rede stehenden Veranstaltung und die auch im Übrigen bestehende enge Kooperation zwischen dem Antragsteller und Frau Wegener;

- die zahlreichen erfolglosen Versuche von Frau Wegener, in der Vergangenheit eigene Demonstrationen der SAF durchzuführen;

- die Erklärung von Frau Wegener vom 13. April 2001, ihre Veranstaltung sei bereits vorbereitet;

- die Auswahl des Veranstaltungsortes Arnsberg als Treffpunkt und Betätigungsfeld der SAF;

- der Aufruf des wegen Volksverhetzung verurteilten, führenden Aktivisten der mit der SAF eng kooperierenden SB im Internet: "13.04.2002 Demonstration des nationalen Widerstandes in Arnsberg (HSK)!!! (...zeigen wir unserem Lieblingslandrat, wem die Straße gehört ...)";

 

- das Thema der Veranstaltung "Bürgerrechte und Meinungsfreiheit auch im Sauerland", das im gegebenen Kontext die Funktion der Veranstaltung als Plattform der bislang auf Grund der Veranstaltungsverbote nicht zum Zuge gekommenen rechtsextremistischen Gruppierungen verdeutlicht;

- die Verbreitung des Veranstaltungstermins im Wesentlichen auf den Internetseiten des rechtsextremen nationalen Widerstandes, u.a. des nationalen Widerstandes Berlin-Brandenburg, der Kameradschaft Nordhessen und der Kameradschaft Weserbergland.

Unabhängig vom Aspekt der Tarnveranstaltung ist das verfügte Versammlungsverbot jedenfalls wegen einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit gerechtfertigt. Auf Grund der dargelegten inhaltlichen und organisatorischen Ausrichtung der Versammlung, ihrer Bedeutung für den Nationalen Widerstand, speziell für die SAF und den SB, und der offenkundigen engen Kooperation des Antragstellers mit Frau Wegener ist zu erwarten, dass sowohl Aktivisten und Sympathisanten der SAF, die die SAF auch nach dem Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2001 noch zu mobilisieren vermag, als auch Aktivisten des SB an der Versammlung teilnehmen werden, dass dieser Personenkreis einen beachtlichen Teil, wenn nicht gar die Mehrzahl der Veranstaltungsteilnehmer stellen und damit den Versammlungsinhalt wesentlich mitbestimmen wird.

Wie die aus anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse des Senats belegen, ist nach dem Verhalten von Aktivisten der SAF in der Vergangenheit davon auszugehen, dass von diesen bei der geplanten Veranstaltung Kennzeichen, Parolen oder Grußformen verfassungswidriger Organisationen i.S.d. § 86 und § 86a StGB verwendet werden und Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB betrieben wird.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller willens und in der Lage sein wird, ein solches Verhalten zu unterbinden. Dafür spricht zum einen die enge Kooperation des Antragstellers mit der Hauptaktivistin der SAF und die zu erwartende Zusammensetzung der Veranstaltungsteilnehmer. Dafür sprechen zum anderen die vom Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 9. April 2002 im Einzelnen dargelegten Erkenntnisse aus der vom Antragsteller durchgeführten Versammlung in Leipzig am 6. April 2002. Danach ist es nicht nur in erheblichem Umfang zu Auflagenverstößen seitens der Teilnehmer des rechten Spektrums, sondern auch zu zahlreichen Verstößen gegen § 86a StGB und § 130 StGB gekommen. Nach alledem kommt die unter Verhältnismäßigkeitsaspekten zu berücksichtigende Alternative einer nachträglichen Auflösung der Versammlung nicht in Betracht. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Antragsteller für die geplante Veranstaltung als Redner u.a. den Neonazi Friedhelm Busse benannt hat. Dieser hat sich bei einer Versammlung des "Nationalen Widerstandes Hagen-Lüdenscheid" am 10. Februar 2001 bzw. bei einem NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2001 sinngemäß wie folgt geäußert:

"...man dürfe nicht sagen ´Heil Hitler´und ´dreckiger Jude´..." "...falls er und seine Kameraden das Sagen hätten, würden zwar keine Konzentrationslager gebaut, aber Andersdenkende dennoch ´in besondere Örtlichkeiten´ verbracht, und über dem Tor stünde dann: ´Arbeit macht frei´." ..."Wenn Deutschland judenfrei ist, brauchen wir kein Auschwitz mehr", vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Februar 2002 - 5 B 196/02 -.

Die Einwände des Antragstellers in seiner Erwiderung vom 9. April 2002 sind nicht geeignet, diese Erkenntnisse und die damit verbundene Gefahrenprognose zu entkräften.

Unabhängig davon konnte die geplante Versammlung des Antragstellers auch wegen unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG rechtmäßig verboten werden."

5 B 620/02