Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit vier Urteilen vom heutigen Tage entschieden, dass die Heranziehung von sogenannten Langzeitstudierenden zu Studiengebühren grundsätzlich verfassungsgemäß ist. In drei Verfahren hatten die Klagen der Studierenden gleichwohl im Ergebnis Erfolg, weil ihnen wegen eines Studienwechsels bis zu zwei zusätzliche gebührenfreie Semester zustanden.

Das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz des Landes NRW ist seit dem 1. Februar 2003 in Kraft. Es sieht vor, dass ein Studierender ab dem Sommersemester 2004 eine Studiengebühr in Höhe von 650,- € pro Semester zu zahlen hat, sobald sein Studium länger dauert als die 1,5-fache Regelstudienzeit. Bei Vorliegen bestimmter Sondertatbestände (z.B. Kindererziehung, schwerer Erkrankung, Studienwechsel) kommen dem Betroffenen zusätzliche gebührenfreie Semester zugute.

Der Vorsitzende des 8. Senats führte in der mündlichen Urteilsbegründung u.a. aus:

1. Die Erhebung einer Studiengebühr für sogenannte Langzeitstudierende sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstoße nicht gegen die im Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Ausbildungsfreiheit. Es sei verfassungsrechtlich zulässig, mit einer Studiengebühr die Studierenden zu kürzeren Studienzeiten anhalten zu wollen. Da in der gebührenfreien 1,5-fachen Regelstudienzeit ein Studium grundsätzlich beendet werden könne, entstünden keine sozialen Barrieren. Es verstoße ferner nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, wenn das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz auch auf solche Studierenden Anwendung finde, die mit ihrem Studium bereits vor Inkrafttreten der Regelung begonnen hätten. Die Studierenden hätten nicht schutzwürdig darauf vertrauen können, ein überlanges gebührenfrei begonnenes Studium auch ohne Gebührenbelastung zu Ende führen zu können. Zudem hätten sie nach Inkrafttreten des Gesetzes gut zwei Semester Zeit gehabt, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Für Härtefälle sei überdies ein Gebührenerlass vorgesehen.

2. Allerdings müssten die gesetzlichen Ausnahmetatbestände allen Studierenden zugute kommen. Auch wer vor Inkrafttreten des Gesetzes den Studiengang nach dem ersten oder zweiten Semester gewechselt habe, könne von der anrechnungsfreien "Orientierungsphase" in den ersten beiden Semestern profitieren. Deshalb hätten in drei Verfahren die Studierenden jeweils ein bis zwei zusätzliche gebührenfreie Semester beanspruchen können.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Az.: 8 A 3358/04, 8 A 3635/04, 8 A 3797/04 und 8 A 3878/04