Der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 12. Januar 2009 entschieden, dass die deutschen Behörden bei mangelnder Fahreignung eine später erteilte EU-Fahrerlaubnis entziehen dürfen, wenn offenkundig ein ausländischer Scheinwohnsitz im Führerschein eingetragen ist. Das Oberverwaltungsgericht gab damit in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren – wie zuvor das Verwaltungsgericht Düsseldorf – dem Landrat des Kreises Mettmann (Antragsgegner) Recht. Dieser hatte dem im Rheinland (zunächst in Düsseldorf, dann in Haan) ansässigen deutschen Antragsteller untersagt, von seiner polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, obwohl der Führerschein einen Wohnsitz in Polen auswies.

Dem Antragsteller war die deutsche Fahrerlaubnis wegen seiner Abhängigkeit von Suchtmitteln entzogen worden, nachdem er 2001 u.a. den regelmäßigen Konsum von Cannabis, Ecstacy und Amphetamin eingeräumt hatte. Seine anschließenden Versuche, eine neue Fahrerlaubnis zu bekommen, scheiterten jeweils daran, dass sich der Antragsteller der nötigen medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) entweder erfolglos unterzog oder eine Begutachtung ablehnte. Im Oktober 2007 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, seinen im Januar 2005 ausgestellten polnischen Führerschein umzuschreiben. Darin war als Wohnsitz eine Anschrift in Szczecin eingetragen. Mit dem Verdacht des Wohnsitzverstoßes konfrontiert, teilte der Antragsteller mit, der Antragsgegner könne eine entsprechende Mitteilung an Polen machen. Nach erneuter erfolgloser Aufforderung zur MPU erkannte der Antragsgegner dem Antragsteller mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung das Recht ab, von der polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dagegen erhob der Antragsteller Klage und beantragte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht Düsseldorf ab. Die dagegen vom Antragsteller erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht nunmehr mit dem o.g. Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Mit seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (C-329/06 und C-343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06) habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Beachtung des in der europäischen Führerscheinrichtlinie aufgestellten Wohnsitzerfordernisses eine zentrale Rolle für die Bekämpfung des sog. Führerscheintourismus zugewiesen und deshalb den deutschen Behörden die Befugnis zuerkannt, in Fällen des offenkundigen Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis die Geltung der EU-Fahrerlaubnis für Deutschland abzuerkennen. Auch wenn in dem polnischen Führerschein des Antragstellers – anders als in den vom EuGH entschiedenen Fällen – kein deutscher, sondern ein polnischer Wohnsitz eingetragen sei, habe ihm die deutsche Behörde untersagen können, von der Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Die deutschen Behörden seien nach den jüngsten Entscheidungen des EuGH zur Entziehung einer EU-Fahrerlaubnis auch befugt, wenn – wie in diesem Fall – der Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis aufgrund eines Eingeständnisses des Fahrerlaubnisinhabers oder aufgrund von ihm als eigene Verlautbarung zurechenbarer und trotz Kenntnis der Problemlage nicht substanziiert bestrittener Angaben offenkundig sei. Hinzu kommen müsse, dass die Zweifel an der Kraftfahreignung des Inhabers der EU-Fahrerlaubnis fortbestünden. Auch diese Voraussetzung treffe im Fall des Antragstellers nach wie vor zu.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Das Klageverfahren (Hauptsacheverfahren) ist beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängig.

Aktenzeichen: 16 B 1610/08