Insolvenzverwalter können vom Finanzamt regelmäßig Einsicht in die den insolventen Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen verlangen, ohne dass das Steuergeheimnis dem entgegensteht. Dies hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts mit vier Urteilen vom heutigen Tag entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt.

In den zugrunde liegenden Verfahren hatten Insolvenzverwalter unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) bei dem jeweils für den Insol­venzschuldner zuständigen Finanzamt beantragt, ihnen die Steuerkonto­auszüge des Schuldners zu näher bezeichneten Zeiträumen zur Verfügung zu stel­len. Sie beab­sichtigen, mit Hilfe der steuerlichen Unterlagen zu ermitteln, ob Zahlun­gen auf Steu­erschulden gegebenenfalls der Insolvenzanfechtung unterliegen. Nach­dem der 8. Senat bereits im Jahr 2011 entschieden hatte, dass sich ein derartiger Anspruch aus dem IFG NRW ergibt, hatten die Klagen in erster Instanz Erfolg. Mit den dagegen eingelegten Berufungen machte das beklagte Land geltend, die Her­ausgabe der Steuerkontoauszüge an die Insolvenz­verwalter verletze das Steuerge­heimnis.

Der 8. Senat hat nach Überprüfung an seiner Rechtsprechung festgehalten, wonach der geltend gemachte Informationsanspruch nach dem IFG NRW in derartigen Fällen grundsätzlich be­steht. Zur Begründung hat der Vorsitzende ausgeführt, der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abgabenordnung (AO) keinen Akteneinsichts­anspruch im Steuer­verwaltungsverfah­ren vorsehe. Das Steu­ergeheimnis nach § 30 AO stehe der Of­fenbarung der steuerlichen Verhältnisse des insolventen Schuldners gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht entgegen. Durch die Eröffnung des Insolvenzver­fahrens gehe das Recht des Schuld­ners, das zur Insolvenzmasse gehörende Ver­mögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzver­walter über (§ 80 Insolvenzordnung - InsO). Das schließe auch die Verfügungsbe­fugnis über  Informationen bzw. „Geheim­nisse“ ein, deren Kenntnis zur Verwaltung der Insolvenzmasse und sachgerechten Wahrung der Gläubigerrechte erforderlich sei. Nach § 97 InsO sei der Schuldner ohnehin ver­pflichtet, dem Insolvenzverwalter über alle das Verfah­ren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Aus diesen Regelungen sei insge­samt zu schließen, dass das Steuergeheimnis bei einer Her­ausgabe der Steu­erkon­tenauszüge an den Insolvenz­verwalter nicht berührt werde, soweit diese die Insolvenzmasse beträfen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 8 A 1032/14, 8 A 1073/14, 8 A 1074/14, 8 A 1126/14 (I. Instanz: VG Aachen 8 K 1816/13, VG Köln 13 K 161/13, VG Köln 13 K 602/13, VG Köln 13 K 394/13)