Das Land Nordrhein-Westfalen durfte im Jahr 2011 für die Erteilung von Genehmigungen für die Einfuhr drucksterilisierter Gülle aus Holland keine vom Gewicht abhängigen Gebühren erheben.

Zwei Landwirte aus dem Rheinland, die aus den Niederlanden importierte Gülle für die Bewirtschaftung ihrer Flächen nutzen, hatten sich vor den Verwaltungsgerichten gegen stark gestiegene Gebühren für die Erteilung von Importgenehmigungen zur Wehr gesetzt. Bis Ende Juli 2011 musste die Einfuhr behandelter, d.h. eine Stunde bei 70 Grad erhitzter, Gülle noch auf Grundlage einer EU-Verordnung zum Schutz vor Tierseuchen durch das Land genehmigt werden. Hierfür wurden bis Anfang März 2011 regelmäßig Gebühren von nicht mehr als 50 Euro erhoben. In den Monaten danach verlangte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) aufgrund einer Änderung des Gebührentarifs (Tarifstelle 23.5.6 AGT) pro zur Einfuhr beantragter Tonne einen Euro, mindestens aber 15 Euro. Die Kläger mussten danach ausgehend von den beantragten Güllemengen Gebühren von 814 bzw. 1.523 Euro zahlen. Die Verwaltungsgerichte hoben diese Gebührenbescheide auf die Klagen der Kläger auf.

In der mündlichen Verhandlung hat das Land die Gebührenbescheide bis auf einen Betrag von 50 Euro aufgehoben. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Das Land hat die Kosten des Rechtsstreits übernommen.

Hintergrund: Die hier angewendete Tarifstelle des Allgemeinen Gebührentarifs ist zwar mit deutschem, aber überwiegend nicht mit europäischem Recht vereinbar.

Bei der Gebühr für die Einfuhrgenehmigung, die nach der Rechtsänderung im Jahr 2011 nur noch auf die Einfuhr nicht sterilisierter Gülle Anwendung finde, handele es sich um eine zollgleiche Abgabe im Sinne des Europarechts, weil mit ihr im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt ausschließlich ausländische Gülle belastet werde. Solche zollgleichen Abgaben seien nach Artikel 30 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme bestehe zwar nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für die Erhebung von Verwaltungsgebühren, wenn die Mitgliedstaaten durch europäisches Recht verpflichtet seien, Kontrollen usw. im Interesse des innereuropäischen Handels durchzuführen. Das sei hier bis Ende Juli 2011 auch der Fall gewesen, weil damals die Erteilung der Einfuhrgenehmigung für behandelte Gülle noch durch eine EU-Verordnung vorgeschrieben gewesen sei. Der Europäische Gerichtshof erlaube aber nur die Erhebung kostendeckender Gebühren, wobei es nur um die unmittelbaren Personal- und Sachkosten der konkreten Amtshandlung gehe. Andere Kosten, wie die Kosten der Untersuchung von Trinkwasser auf durch die Gülledüngung verursachte Nitratbelastung, dürften entgegen der Auffassung des beklagten Landes weder nach europäischem noch nach nordrhein-westfälischem Recht einbezogen werden. Deshalb sei hier der nordrhein-westfälische Gebührentarif nur bis zur Höhe des festgestellten Aufwands des LANUV für die Antragsbearbeitung anwendbar gewesen.

Aktenzeichen 9 A 1530/13 (I. Instanz: VG Köln 25 K 3806/11) und 9 A 550/14 (I. Instanz VG Aachen 7 K 629/11)