06.11.2024

Das Oberverwaltungsgericht hat heute entschieden, dass die in Nordrhein-Westfalen geltende Regelung, nach der Wettvermittlungsstellen regelmäßig einen Mindestabstand von 350 Metern zu öffentlichen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe einhalten müssen, mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Die Klägerin betreibt in Köln eine Wettvermittlungsstelle, für die sie die Erteilung einer Erlaubnis begehrt. Im Umkreis von 50 Metern um die Wettvermittlungsstelle befinden sich zwei Grundschulen, im Umkreis von 165 Metern zudem drei weitere öffentliche Schulen, sowie ein Jugendtreff. In der Wettvermittlungsstelle werden seit 2011 in unterschiedlichen Vertriebsformen Sportwetten vermittelt, gegenwärtig durch die auf Malta ansässige Beigeladene, einer Veranstalterin von Sportwetten. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die gegen das Land Nordrhein-Westfalen gerichtete Klage auf Erteilung der Erlaubnis abgewiesen.

Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende ausgeführt:

Der Erlaubniserteilung für die von der Klägerin betriebene Wettvermittlungsstelle steht es entgegen, dass diese den gesetzlichen Mindestabstand zu öffentlichen Schulen bzw. einem Jugendtreff unterschreitet.

Das Mindestabstandsgebot ist mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Die rechtlichen Maßstäbe sind in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung seit längerer Zeit geklärt. Das Mindestabstandsgebot trägt in verhältnismäßiger und kohärenter Weise dem Anliegen Rechnung, durch Reduzierung der Verfügbarkeit das lokale Sportwettangebot zu begrenzen und dem Entstehen eines Gewöhnungseffektes für Kinder und Jugendliche zu begegnen. Der Landesgesetzgeber und die zuständigen Landesbehörden verfolgen in anderen Glücksspielbereichen keine angebotsausweitende Glücksspielpolitik, durch die diese Ziele nicht mehr wirksam verfolgt werden können. Zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse oder anderweitige ergänzende Untersuchungen zum Nachweis der Wirksamkeit der Regelungen musste der Landesgesetzgeber nicht zwingend vorlegen. Wettvermittlungsstellen sollen wenigstens aus dem alltäglichen näheren Umfeld von Einrichtungen, die von Kindern und Jugendlichen besonders häufig aufgesucht werden, herausgenommen werden. Die geringfügig verschieden ausgestalteten Übergangsregelungen für Bestandsspielhallen und Bestandswettvermittlungsstellen sind kein Ausdruck einer angebotserweiternden Glücksspielpolitik.

Die Einführung eines Mindestabstandsgebots verstößt auch nicht gegen das unions- und verfassungsrechtliche Gebot des Vertrauensschutzes. Nach Wegfall des Sportwettmonopols im Jahr 2012 sollte privaten Wettvermittlungsstellen erst nach Durchführung eines geregelten Verfahrens eine Erlaubnis erteilt werden. Seit Inkrafttreten der Glücksspielverordnung NRW im März 2013 sollten Wettvermittlungsstellen nur dort errichtet werden, wo ein Mindestabstand von 200 Metern Luftlinie unter anderem zu öffentlichen Schulen und öffentlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe eingehalten war. Auch wenn sich diese frühere Mindestabstandsregelung im Nachhinein als unwirksam herausgestellt hatte, mussten Betreiber von Wettvermittlungsstellen zumindest mittelfristig mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestabstands im Zuge einer unionsrechtskonformen Regulierung rechnen.

Der für vor dem 22.05.2019 bereits bestehende Wettvermittlungsstellen geltende verringerte Mindestabstand von 100 Metern ist schon deshalb nicht maßgeblich, weil die Wettvermittlungsstelle der Klägerin nicht über die hierfür vorausgesetzte Baugenehmigung verfügt. Zudem befinden sich im Umkreis von 100 Metern zwei öffentliche Schulen. Eine Befreiung vom Mindestabstandsgebot hatte die Bezirksregierung Köln zudem ermessensfehlerfrei abgelehnt.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen; hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.

Aktenzeichen: 4 A 2279/22 (I. Instanz: VG Köln 24 K 4215/21)

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