Dies hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen heute in einem Eilverfahren entscheiden.

Die Stadt Oberhausen plant als Pendant zum Projekt "Neue Mitte Oberhausen" eine städtebaulich attraktive Gestaltung der im alten Stadtteil liegenden ca. 1 km langen Marktstraße. Diese Straße soll auf ca. 450 m in Höhe der oberen Geschosse der anliegenden Häuser eine wellenförmige Glasüberdachung erhalten, die auf Pfeilern steht und ca. 1,4 bis 2 m vor den Hausfassaden endet. Dazu hat die Stadt Oberhausen eine umfangreiche Bürgerbeteiligung durchgeführt, Belichtungs-, Belüftungs- und Brandschutzgutachten eingeholt und dann für das Gesamtobjekt eine Baugenehmigung unter Befreiung von abstandrechtlichen Vorschriften der Bauordnung erteilt sowie die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet. Das Vorhaben soll ca. 20 Mio. DM kosten, es wird z.T. vom Land (2 Mio. DM), z. T. aus Spenden von Kaufleuten (ca. 6 Mio. DM), im übrigen von der Stadt finanziert.

Eigentümer anliegender Häuser haben gegen die Genehmigung Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Zugleich haben sie in einem gerichtlichen Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Mit seinem heutigen Beschluß hat der 10. Senat den auf einen Baustop gerichteten Anträgen der Anlieger stattgegeben.

Nach Ansicht des Senats spricht vieles dafür, daß bereits die Baugenehmigung zu unbestimmt ist, da sich aus ihr nicht ergibt, inwieweit etwaige Forderungen der Gutachter von der Baubehörde übernommen worden sind. Vor allem aber ist es offen, ob eine derartige Straßenüberdachung nach abstandrechtlichen Vorschriften des Baurechts oder nur nach straßenrechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist, so daß eine "Bau"-genehmigung gar nicht zu erteilen war. Sollte die Überdachung nach baurechtlichen Vorschriften zu beurteilen sein, verstieße sie massiv gegen abstandrechtliche Vorschriften. Von einem Teil dieser Vorschriften hat sich die Stadt Oberhausen zwar Befreiung erteilt, aber nur von einem Teil. Im übrigen hält es der Senat für zweifelhaft, ob derartige Befreiungsmöglichkeiten bei einem Objekt dieser Größenordnung, das die Abstandflächen zahlreicher Häuser an der Marktstraße faktisch aufhebt, rechtlich überhaupt in Betracht komme. Jedenfalls hat die Stadt Oberhausen den Dispens nicht unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Überdachung auf das konkrete Grundstück des jeweiligen Antragstellers ausgesprochen, sondern sich in der Begründung allgemein wie in einem Bebauungsplan mit den Auswirkungen der Überdachung auf alle Anlieger befaßt. Dazu hat sie Gutachten verwandt, die wahrscheinlich hinsichtlich der Beurteilung der Lichtverhältnisse nicht dem letzten Stand der geplanten Verglasung entsprachen. Ob die "Neue Welle Oberhausen" aufgrund eines Bebauungsplanes durchgeführt werden könnte, war von dem Senat nicht zu entscheiden.

Az.: 10 B 248/96