Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 19. April 2005 entschieden, dass Kurden in der Türkei nach wie vor keiner an ihre Volkszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. Das Gericht hat sich umfassend mit der aktuellen Lage in der Türkei befasst und dabei insbesondere die umfangreichen Reformpakete der Jahre 2002 bis 2004 gewürdigt, die einer Annäherung der Türkei an die EU dienen sollen.

In Fortführung und Modifizierung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Senat ausgeführt:

Die Menschenrechtslage in der Türkei habe aufgrund der Reformpakete wichtige Verbesserungen erfahren. Politische Verfolgung finde indessen in der Türkei trotz der Reformen weiterhin statt; Folter werde allerdings seltener als früher und vorwiegend mit anderen, weniger leicht nachweisbaren Methoden praktiziert. Von politischer Verfolgung seien in besonderem Maße Politiker, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und andere Personen bedroht, die sich für die Interessen der kurdischen Bevölkerung einsetzten und deshalb strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt seien.

Es sei auch nicht auszuschließen, dass türkische Sicherheitskräfte im Einzelfall gegenüber Angehörigen gesuchter Personen zu asylerheblichen Maßnahmen greifen (Sippenhaft); eine solche Sippenhaft drohe Angehörigen aber - anders als früher - nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit müssten Kurden eine politische Verfolgung nicht befürchten. Dies gelte auch nach Wiederaufflammen der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK-Nachfolgeorganisation KONGRA-GEL und türkischen Sicherheitskräften im Südosten der Türkei im Sommer 2004.

Politische Verfolgung hätten auch nicht Angehörige der alevitischen Religionsgemeinschaft zu befürchten oder Asylbewerber, die ihren Wehrdienst noch nicht abgeleistet hätten. Auch nach einer Abschiebung in die Türkei drohe abgelehnten Asylbewerbern nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige Behandlung.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Az.: 8 A 273/04.A