Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 10. September 2007 entschieden, dass die sog. Kostendämpfungspauschale nach § 12a der nordrhein-westfälischen Beihilfenverordnung seit dem Jahr 2003 verfassungswidrig ist. Durch diese Pauschale werden Zuschüsse des Landes zu krankheitsbedingten Aufwendungen seiner Beamten und Richter um einen jährlichen Betrag gekürzt. Die Kürzung für 1999 hatte der 1. Senat in früheren Entscheidungen unbeanstandet gelassen und damit die Zustimmung des Bundesverwaltungsgerichts gefunden. Für die Zeit ab 2003 hält er hieran nicht fest und bestätigt insoweit das Ergebnis des 6. Senats des Gerichts (Pressemitteilung vom 19. Juli 2007).

Nach Ansicht des 1. Senats verletzt das Land durch Abzug der Kostendämpfungspauschale den Kern der verfassungsrechtlich geschuldeten Fürsorge. Beihilfe ergänzt die Alimentation, um Beamte und Richter in Krankheitsfällen wirtschaftlich abzusichern. Bewegt sich die Alimentation am untersten Rand des verfassungsrechtlich Akzeptablen, so führt jede Minderung von Beihilfeleistungen zu einer fürsorgewidrigen Unteralimentation. Die Beihilfeberechtigten sind dadurch gezwungen, zusätzliche eigene Anteile ihrer Besoldung zur Finanzierung von Krankheitskosten einzusetzen. Ein solcher kritischer Zustand ist 2003 erreicht worden. In jenem Jahr ist die Besoldung der Beamten/Richter von der allgemeinen Einkommensentwicklung greifbar abgekoppelt worden. Auslöser war die Verringerung des sog. Weihnachtsgeldes auf bis zu 50 Prozent. Sie hat eine Abkoppelung bewirkt, die in den Folgejahren durch Streichung des Urlaubsgeldes und weitere Absenkung des Weihnachtsgeldes noch deutlich verschärft worden ist. Dadurch hat das Land seinen Beamten und Richtern gezielt ein Sonderopfer zur Einsparung von Personalkosten auferlegt, während die Beschäftigten im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes verschont geblieben sind.

Die Absenkung der Besoldung auf das erreichte Niveau lässt weitere Belastungen nicht zu. Für den einzelnen Beihilfeberechtigten würde dadurch unabhängig von seiner Besoldungsgruppe oder der Höhe der Belastung im Einzelfall eine verfassungswidrige Lage geschaffen. Dem Land ist es daher generell verwehrt, die Pauschale für die streitigen Jahre 2003 bis 2006 zu fordern.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen können die unterlegenen Beteiligten beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einlegen.

Aktenzeichen: 1 A 4955/05, 1 A 1180/06, 1 A 3529/06 und 1 A 1063/07