In dem Berufungsverfahren gegen die Kohlenstoffmonoxid-(CO)-Pipeline der Bayer AG hat der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom heutigen Tag dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen mit Art. 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes vereinbar ist.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 14.2.2007 hat die Bezirksregierung Düsseldorf den Bau und Betrieb einer Pipeline zugelassen, die die linksrheinisch gelegenen Chemieparks der Bayer AG in Krefeld-Uerdingen und Dormagen verbinden soll, etwa 66 km lang ist und überwiegend rechtsrheinisch verläuft. Die Pipeline ist weitgehend fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Um die Enteignung der für die Pipeline benötigten Grundstücke zu ermöglichen, erließ der Landtag NRW am 21.3.2006 ein gesondertes (Rohrleitung-)Gesetz. Nach diesem Gesetz dient die Pipeline, was Voraussetzung für eine Enteignung ist, auch dem Wohl der Allgemeinheit. Auf der Grundlage dieses Gesetzes sollen unter anderem auch die Kläger des Berufungsverfahrens enteignet werden.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger vorrangig die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Düsseldorf. Zur Entscheidung über dieses Begehren kommt es maßgeblich darauf an, ob das Rohrleitungsgesetz verfassungsgemäß ist.

Das Oberverwaltungsgericht sieht in dem Rohrleitungsgesetz einen Verstoß gegen das durch Art. 14 des Grundgesetzes geschützte Grundrecht der Kläger auf Eigentum. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Pipeline stelle im Ausgangspunkt ein privatnütziges Vorhaben dar, durch das das Wohl der Allgemeinheit allenfalls mittelbar gefördert werden könne. Deshalb müsse sich das Rohrleitungsgesetz an den hohen Anforderungen messen lassen, die das Grundgesetz für eine Enteignung zu Gunsten privater Unternehmen enthalte. Der Gesetzgeber habe zwar einen weiten Einschätzungsspielraum, müsse aber den Enteignungszweck hinreichend bestimmt festlegen und den Enteignungsbegünstigten ausreichend an diesen Enteignungszweck binden. Beides sei durch das Rohrleitungsgesetz nicht geschehen.

Da über die Vereinbarkeit des Rohrleitungsgesetzes mit den Grundrechten der Kläger allein das Bundesverfassungsgericht abschließend entscheiden kann, hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Entscheidung vorgelegt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 20 A 1923/11

Auszug aus dem Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen

Vom 21. März 2006

§ 1

Anwendungsbereich

Die Errichtung und der Betrieb einer Rohrleitungsanlage nach § 20 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in Verbindung mit Nummer 19.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Durchleitung von Kohlenmonoxid und Kohlenmonoxid-Wasserstoffgemischen zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen dienen dem Wohl der Allgemeinheit gemäß Artikel 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Dies gilt unabhängig davon, dass die Anlage neben den in § 2 genannten Zwecken auch privatwirtschaftlichen Zwecken dient.

§ 2

Enteignungszweck

Die Verwirklichung der Rohrleitungsanlage dient insbesondere dazu,

1. die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Kohlenmonoxidversorgung zu erhöhen, um dadurch die wirtschaftliche Struktur der Chemieindustrie und der mittelständischen kunststoffverarbeitenden Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zu stärken und damit Arbeitsplätze zu sichern,

2. den Verbund von Standorten und Unternehmen zu stärken und auszubauen,

3. einen diskriminierungsfreien Zugang bei hoher Verfügbarkeit zu gewährleisten,

4. die Umweltbilanz der Kohlenmonoxidproduktion insgesamt zu verbessern.