Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit drei Urteilen vom heutigen Tag entschieden, dass die Betreiber von Tiermastbetrieben nicht aufgrund des sog. Tierhaltungserlasses verpflichtet sind, ihre Güllebehälter mit effektiveren Abdeckungen nachzurüsten, um Ammoniak- und Geruchsemissionen noch weiter zu mindern. Es hat damit Urteile der Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen und Münster bestätigt, die dahingehende immissionsschutzrechtliche Anordnungen der beklagten Kreise Unna, Warendorf und Steinfurt aufgehoben hatten.

Nach der bundesweit geltenden Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft aus dem Jahr 2002 (TA Luft) soll die Lagerung von Flüssigmist in geschlossenen Behältern erfolgen. Alternativ können gleichwertige Maßnahmen zur Emissionsminderung angewandt werden, die einen Minderungsgrad von mindestens 80 % der Emissionen an geruchsintensiven Stoffen und an Ammoniak erreicht. Demgegenüber hatten die beklagten Kreise die Kläger verpflichtet, ihre Güllebehälter mit Abdeckungen nachzurüsten, die einen Emissionsminderungsgrad von mindestens 85 % erreichen. Zur Begründung verweisen sie auf den sog. Tierhaltungserlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Vorgaben der TA Luft entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik. Die Emissionen des Schadgases Ammoniak könnten mittels einer finanziell zumutbaren Abdeckung mit einem Zeltdach, einer Schwimmfolie oder Schwimmkörpern um mindestens 85 % reduziert werden.

In der heutigen mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende des 8. Senats ausgeführt, dass die Vorgaben der TA Luft im Regelfall verbindlich seien. Die Verwaltung dürfe unter den hier gegebenen Umständen auch nicht ausnahmsweise von diesen Vorgaben abweichen. Von der TA Luft dürfe unter anderem dann abgewichen werden, wenn gesicherte Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik vorlägen, die den der TA Luft zugrunde liegenden Einschätzungen, Bewertungen und Prognosen den Boden entzögen. Diese strengen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die höheren Anforderungen des Tierhaltungserlasses an die Abdeckung von Güllebehältern beruhten nicht auf einem neuen Erkenntnisstand hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Abdeckungen oder ihrer wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Zwar treffe es zu, dass die unionsrechtlich vorgegebene Emissionshöchstmenge für das Schadgas Ammoniak in Deutschland überschritten werde; insofern bestehe Handlungsbedarf, die Anforderungen an die Minderung von Ammoniakemissionen zu verschärfen. Es sei aber in erster Linie Aufgabe der Bundesregierung und nicht die des Landes, die unionsrechtlichen Vorgaben durch ein abgestimmtes nationales Maßnahmenprogramm zur Einhaltung der unionsrechtlichen Emissionshöchstmengen umzusetzen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 8 A 2691/15 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen 8 K 1418/14), 8 A 442/16 und 8 A 455/16 (I. Instanz: VG Münster 10 K 1475/14 und 10 K 2049/14)