Das Oberverwaltungsgericht hat heute in zwei Fällen Bescheide des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) aufgehoben, mit denen dieses von Schlachtbetrieben Verwaltungsgebühren für die Kontrolle von Klassifizierungsunternehmen erhoben hatte.

Das LANUV überwacht stichprobenartig die Einhaltung des Fleisch- und Handelsklassengesetzes sowie der Verordnung (EG) 1249/2008 in Schlachtbetrieben. Bei diesen sog. Marktordnungskontrollen werden die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schnittführung, die korrekte Gewichtsfeststellung und die Feststellung der Handelsklasse des Schlachtguts geprüft, die direkten Einfluss auf die Preise haben, die Landwirte bzw. Fleischlieferanten für das Schlachtvieh bekommen. Die Klassifizierung nach europaweit einheitlichen Maßstäben soll der Stabilisierung und Transparenz des Markts sowie der Sicherung eines angemessenen Lebensstandards der landwirtschaftlichen Bevölkerung dienen. Sie wird von selbstständigen, weisungsunabhängigen Klassifizierungsunternehmen vorgenommen, die einer besonderen behördlichen Zulassung bedürfen und nur besonders fachkundige, lizensierte Mitarbeiter beschäftigen dürfen. Das LANUV kontrolliert die Arbeit dieser Mitarbeiter in den Schlachtbetrieben und erhebt dafür von den Schlachtbetrieben Gebühren. Die Kontrollen sind unionsrechtlich vorgeschrieben, aber nur in Nordrhein-Westfalen und inzwischen auch in Niedersachsen gebührenpflichtig.

Die beiden Schlachtbetriebe aus Westfalen haben gegen die Heranziehung zu diesen Verwaltungsgebühren geklagt. Ihre Klagen hatten im Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. In der Urteilsbegründung führte die Senatsvorsitzende aus:

Die Gebührenbescheide seien aus mehreren Gründen rechtswidrig. Dabei könne letztlich offen bleiben, ob die Erhebung von Verwaltungsgebühren für derartige Kontrollen mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Die maßgeblichen Tarifstellen 16a.8.5.1 und 16a.8.5.2 des Allgemeinen Gebührentarifs (in der hier noch maßgeblichen, bis zum 15. Juli 2016 geltenden Fassung) seien jedenfalls nach den gesetzlichen Vorgaben des nationalen Rechts in Bezug auf die hier in Rede stehenden anlasslosen Routinekontrollen nichtig, weil der von 165 Euro bis 11.000 Euro reichende Gebührenrahmen nicht mit dem allein berücksichtigungsfähigen Verwaltungsaufwand übereinstimme, der mit der Durchführung der Kontrollen verbunden sei. Da die zweimal im Vierteljahr stichprobenartig durchzuführenden Kontrollen jeweils nur wenige Stunden dauerten, lägen die Kosten in den meisten Fällen im Bereich bis 400 Euro. Selbst die vollständige Kontrolle eines großen Schlachthofs würde nach den Angaben des LANUV nur Kosten von 4.400 Euro verursachen. Davon abgesehen sei es auch fehlerhaft, die Schlachtbetriebe zu Verwaltungsgebühren im Hinblick auf die Kontrolle der Klassifizierungsunternehmen heranzuziehen. Die Schlachtbetriebe seien zwar verpflichtet, das Schlachtgut durch einen neutralen Dritten klassifizieren zu lassen. Die ordnungsgemäße Klassifizierung als solche falle aber in erster Linie in den originären Verantwortungsbereich des jeweiligen Klassifizierungsunternehmens.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 9 A 2655/13 (I. Instanz: VG Minden - 3 K 3187/12 -) und 9 A 127/14 (I. Instanz VG Münster - 7 K 175/12 -)