Ein für heute geplanter Transport von 66 trächtigen Rindern nach Marokko darf stattfinden. Das hat das Oberverwaltungsgericht gestern Abend in einem Eilbeschluss entschieden und eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom selben Tag aufgehoben.
Der Rhein-Sieg-Kreis hatte den Tiertransport durch Bescheid vom 8. Dezember 2020 untersagt und dies damit begründet, die Tiere würden in Marokko voraussichtlich nicht tierschutzgerecht behandelt. Den dagegen gerichteten Eilantrag der Spedition aus dem Rhein-Sieg-Kreis lehnte das Verwaltungsgericht Köln ab. Ihre Beschwerde hatte jetzt beim Oberverwaltungsgericht Erfolg.
Zur Begründung hat der 20. Senat ausgeführt: Die Untersagungsanordnung sei voraussichtlich rechtswidrig. Es sei schon fraglich, ob die angenommenen tierschutzrechtlichen Verstöße in Marokko der Spedition zuzurechnen seien. Die Annahme einer fortdauernden Verantwortlichkeit allein wegen des Transports begegne zumindest erheblichen Bedenken, wenn die Rinder - wofür nichts konkret Greifbares spreche - nicht sofort im Anschluss an den Transport tierschutzwidrig behandelt würden. Erheblich zweifelhaft sei auch, ob die in Rede stehende Gefahr von Verstößen hinreichend konkret sei. Der Rhein-Sieg-Kreis stütze sich lediglich auf allgemeine Erkenntnisse zum Umgang mit Rindern in Marokko. Deren Verlässlichkeit sei bislang nicht durch neutrale Stellungnahmen etwa staatlicher Stellen abgesichert und sie vermittelten allenfalls ein generelles Bild von in Marokko auch üblichen Methoden des Umgangs mit Rindern. Was mit den Rindern hier nach Beendigung des Transports wahrscheinlich geschehen werde, sei mit Ausnahme der letztendlich ‑ zu einem unbestimmten Zeitpunkt ‑ wohl zu erwartenden Schlachtung ungewiss. Eine solche Erkenntnislage möge es dem Verordnungsgeber erlauben, generelle Verbringungsverbote zu erlassen. Der Rhein-Sieg-Kreis sei als örtliche Tierschutzbehörde für den Erlass derartiger Regelungen aber schon nicht zuständig. Die nach der Erkenntnislage verbleibenden erheblichen Unwägbarkeiten und Ungewissheiten ermächtigen ihn auch nicht dazu, Verstöße als wahrscheinlich zu unterstellen und der Spedition den Nachweis aufzubürden, dass es nicht zu Zuwiderhandlungen gegen Anforderungen des Tierschutzgesetzes kommen wird. Vielmehr müsse die Behörde den Sachverhalt selbst ermitteln.
Bei der allgemeinen Interessenabwägung überwiege das wirtschaftliche Interesse der Spedition. Ob den Tieren schwerwiegende Beeinträchtigungen bis hin zur qualvollen Tötung drohten, sei hier ebenso ungewiss wie die Verantwortlichkeit der Antragstellerin für ein solches Geschehen. Ein faktisches Exportverbot für Rinder in Länder, in denen generell niedrigere Tierschutzstandards als in Deutschland bestünden, wie es mit dem Bescheid erlassen worden sei, sei auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Tierschutzes nicht gerechtfertigt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 20 B 1958/20