In Europa geborene Kinder im Alter von bis zu fünf Jahren (Kleinkinder), die von nigerianischen Eltern abstammen, können nationalen Abschiebungsschutz nicht deshalb beanspruchen, weil sie bei einer Rückkehr der Familie nach Nigeria wegen der Gefahr, an Malaria zu erkranken, mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen allgemeinen Gefahrenlage ausgesetzt wären. Die aktuellen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie in Nigeria ändern an dieser Bewertung nichts. Dies hat das Oberverwaltungsgericht - in Anknüpfung an seine frühere Grundsatzentscheidung vom 24. März 2020 (Az. 19 A 4470/19.A, Pressemitteilung) - durch Urteil vom 18. Mai 2021 entschieden.

Die im März 2017 in Italien geborene Klägerin reiste mit ihrer Mutter 2018 nach Deutschland ein. Den für sie gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ab und stellte dabei fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Das Verwaltungsgericht Münster hat der hiergegen erhobenen Klage teilweise stattgegeben und die Bundesrepublik verpflichtet, zugunsten der Klägerin ein Abschiebungsverbot wegen der drohenden Malariagefahr festzustellen. Die Berufung des Bundesamts beim Oberverwaltungsgericht hatte Erfolg.

Zur Begründung hat der 19. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vierjährige Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots. Eine allgemein drohende Gefahr einer Malaria-Erkrankung ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Die bestehenden Gefährdungen für Kinder bis zu fünf Jahren, die aus Europa nach Nigeria zurückkehren, führen nicht zur Annahme einer Extremgefahr, die für die Feststellung eines Abschiebungsverbots hier erforderlich ist. Der Senat hat die Gefahr, sich mit Malaria zu infizieren und daran zu sterben oder einen schweren Gesundheitsschaden davonzutragen, auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse nach Art, Ausmaß und Intensität bewertet. Eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende extreme Gefahrenlage kann danach entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Bewertung nicht festgestellt werden. Genauso wenig begründen die mit der Coronavirus-Pandemie verbundenen Auswirkungen ein Abschiebungsverbot. Die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung in Nigeria sind zwar durch die Pandemie negativ betroffen, ein zwingender Ausschluss von Abschiebungen aus humanitären Gründen ist damit aber nicht verbunden. Zur Überzeugung des Senats wird die Familie der Klägerin bei einer Rückkehr nach Nigeria in der Lage sein, zumindest ein Existenzminimum durch Arbeit zu erwirtschaften. Auch ihre sonstigen Grundbedürfnisse wie z. B. Unterkunft, Nahrung und Hygiene sind - wenn auch unter prekären Bedingungen - gesichert. Die pandemiebedingten Auswirkungen auf die medizinische Versorgungslage lassen möglicherweise befürchten, dass sich die Sterblichkeitsrate von Kleinkindern erhöht; auch dies führt aber nicht zur Annahme einer ein Abschiebungsverbot begründenden Extremgefahr.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann die Klägerin Be­schwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 19 A 4604/19.A (I. Instanz: VG Münster 5 K 1123/19.A)